Archiv der Kategorie: Tierschutz

Luciebärchen, grüsse unsere Sternchen

Als ich heute gegen 15 Uhr mit Lucie in die Tierklinik fuhr, war mir klar, dass wir gerade ihre letzte Reise angetreten haben. Eine Woche lang hatten die Klinik und ich alles versucht, sie zu retten. Leider ohne Erfolg.

Vor acht Tagen fiel mir auf, dass mit Lucie etwas nicht stimmen konnte. Sie suchte meine Nähe. In den 15 Jahren, die wir zusammen verbrachten, hatte sie noch nie meine Nähe gesucht. Eher im Gegenteil. Sie war eine Katzenkatze, keine Menschenkatze.

Sie hatte die ein, zwei Tage davor nicht sonderlich gut gefressen. Die anderen Katzen aber auch nicht. Ich schob es auf das sonderbare Wetter: Mal heiss wie ein Backofen, mal Gewitter wie Sintflut. Das kann ja schonmal den Appetit durcheinanderbringen.

Doch als Lucie vor einer Woche morgens zu mir aufs Bett sprang und das Kopfkissen für sich beanspruchte, war ich alarmiert. Sobald die Tierklinik geöffnet hatte, rief ich an und bat dringlich um einen Termin. Ich schilderte, dass Lucie nicht gut gefressen hatte und sowieso schon sehr dünn sei. Das mit dem Kopfkissen liess ich weg.

Lucie war seit Anfang des Jahres in der Klinik in Behandlung, weil sie Vitamin-B12-Mangel hatte, nachdem ihr im Dezember alle Zähne entfernt werden mussten. Ob das einen Zusammenhang hat, sei wohl unwahrscheinlich. Mitte Mai waren wir wegen B12 letztmals zur Kontrolle. Sie hatte weiter abgenommen, von einst ca. 3 Kilo auf Anfang 2023 2.5 Kilo und im Mai 2.1 Kilo. Darum nahm man meinen Anruf sehr ernst und wir bekamen noch am selben Tag, heute vor einer Woche, einen Termin.

Sie wog nur noch 1.8 Kilo und war stark dehydriert. Sie hatte etwas mehr getrunken die Tage davor, aber auch dafür machte ich die teils sehr sommerlichen Temperaturen verantwortlich. Einige meiner Katzen wären zeitweise am liebsten in den Hundepool auf dem Balkon gesprungen. Oder tranken halt daraus.

Sie behielten Lucie bis Freitag in der Klinik, um ihr Infusionen zu geben und sie von Zeit zu Zeit zwangszufüttern. Die Blutwerte ergaben, dass ihre Nierenwerte dermassen miserabel waren, dass sie gar nicht mehr gemessen werden konnten.

Am Donnerstag ging ich sie besuchen und brachte ihr ihr Lieblingskissen mit, auf dem sie in der Folge lag, was die Tierpflegerinnen sehr süss fanden. Ich hatte mich fast nicht getraut, zu fragen, ob ich das Kissen mitbringen darf. Die Dame am Telefon meinte aber, das sei sogar eine sehr gute Idee. So hätten die verunsicherten Tiere im Versorgungsraum etwas, was sie an zu Hause erinnert. Sie würde es schön finden, wenn mehr Tierhalter an so was denken.

Am Freitagabend durfte ich Lucie wieder nach Hause nehmen. Ich dachte, wir hätten die Kurve nochmals gekriegt. Ich sollte mich getäuscht haben.

Zwar zeigte Lucie nach den Infusionen und mit einem Arsenal an Medikamenten wieder Appetit und ein bisschen Lebensfreude. Doch die hielt nur bis Samstagabend an. Also stellte ich ihr am Sonntag alle ein bis zwei Stunden mit allen Raffinessen (Futter anwärmen, warmes Wasser drüber, Futter in Suppenform etc. pp.) präparierte Kleinportionen zur Wahl. Am Sonntagabend entschloss ich mich zur Zwangsernährung per Futterspritze. Sie durfte nicht weiter abnehmen, nicht weiter dehydrieren.

Am Montagmorgen hatten wir Kontrolltermin in der Klinik. Wieder 100 Gramm weniger Gewicht. Dennoch war die Tierärztin beim Anblick einer recht aufgeweckten Lucie einigermassen zuversichtlich, dass sie es nach erneuter Infusion, mit dem Medikamentearsenal und meiner Fütterungsstrategie bis zum nächsten Kontrolltermin am Freitag schafft.

Doch gestern Mittag stellte Lucie das Fressen und Trinken komplett ein. Mit nichts konnte ich sie bezirzen. Also stellte ich gestern Abend nochmals auf Zwangsfütterung um. Kein Wunder, dass Lucie in den letzten Tagen meine Nähe nicht mehr suchte, sondern mied. So weit sie noch konnte. Denn beim Laufen fiel sie ständig um. Ich wusste, dass es nicht gut aussah.

Gestern Abend versprach ich ihr, dass ich sie heute erlösen lasse, wenn sie morgens nicht irgendein Zeichen von Lebenswillen zeigt.

Heute morgen gab ich ihr im Anflug einer letzten Hoffnung nochmals die Medis. Fressen wollte sie dennoch nichts. Vom Leben wissen auch nicht.

Also fuhren wir heute gegen 15 Uhr in die Klinik, die ich zuvor angerufen hatte. Lucie wurde nochmals sanft untersucht. Und man teilte mir mit, dass sie schon näher bei den Sternchen sei, als bei uns.

Als der Tierarzt, der sie 15 Jahre lang betreut hatte, gegen 15:30 Uhr die finale Betäubung in den nun nur noch 1.5 Kilo leichten Katzenkörper fliessen liess, hörte Lucies Herz bereits auf zu schlagen.

Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass es einen Katzenhimmel gibt, wo sie endlich mit ihrer grossen Liebe Omar wiedervereint sein kann.

Lucie mit ihrer grossen Liebe Omar

Lucie, du warst eine geballte Portion Liebe. Nicht mir oder anderen Menschen gegenüber, aber deinen Katzenkumpels gegenüber. Auch wenn du nie wieder einen so sehr liebtest wie damals Omar.

Dein Start ins Leben war grauenvoll. Du hattest ein ausgerenktes steifes Hinterbein und einen abgerissenen Schwanz, weil dich – gemäss Untersuchungen und Röntgenbildern unserer Tierärzte – dich damals in Madrid jemand als Kitten daran festgehalten haben muss, als er dich in Tötungsabsicht gegen eine Wand schlug. Du hast das überlebt und konntest deinen Peinigern entfliehen.

Als du über eine spanische Tierschutzorganisation 2007 hier bei uns angekommen bist, warst du verständlicherweise nicht sehr zutraulich zu mir, sehr wohl aber zu Omar und Sahib, die damals hier schon lebten.

Weil ich damals aber so doof war, eine junge Katze wie dich zu den beiden Senioren zu holen, erweiterte sich seither die Kamikatzezwerglis-Familie stetig. Ok: Bis auf jeweils maximal 7 Katzen zur gleichen Zeit.

Aber du warst jene Katze, die inzwischen immerhin einigen anderen Zwerglis das Tor in ein – wie ich hoffe – gutes und geborgenes Leben voller Liebe öffnete, in Order of Appearance: Shakti (*2006), Mogwai († 2009), LouLou († 2011), Mathilde († 2014), Felize (*2010), Faramee († 2019), Tünn (*2012), Moriah († 2020), Max († 2016), Malik (*2015), Maruschka (*2017), LaLuz (*2021).

Ich habe dir so viel zu verdanken, mein Herz. Alles, was ich nun noch für dich tun konnte, war dich gehen zu lassen. Du hast in deinem ca. 18-jährigen Leben mehr bewirkt, also so mancher Mensch. Du wirst ein sehr heller Stern am Himmel sein.

Ich liebe dich. Mehr als Worte sagen können. Du bist nicht fort. Nur woanders.


Ps: Das wundervolle Bild von Lucie hat die fantastische Malerin und Tierschützerin Stefania Re erstellt: https://www.illustrations.it

Pps: Ich habe keine Ahnung, ob hier nach über 3 Jahren Pause überhaupt noch jemand mitliest. Die letzten drei Jahre sind hier vor allem wundervolle Dinge passiert: Maruschka und LaLuz sind eingezogen und haben auch kleine Wunder vollbracht. Im letzten Jahr hat zudem Malik FIP besiegt. Falls irgendjemand wissen möchte, was es damit auf sich hat, lasst mich wissen.

Mathilde – 5 Jahre schon

Ich durfte im Tierspital von dir Abschied nehmen – sie haben das alles sehr liebevoll «arrangiert». Ich hatte natürlich wiedermal keine Taschentücher dabei – das hab ich nie, Mathilde.

Du hast noch mit dem Beatmungsschlauch genasbusselt – verzeih, wenn ich lache, während ich weine. Und du hast so laut geschnurrt wieder. Das war immer das Problem, dass sie deine Herztöne nicht abhören konnten, weil du immer so laut geschnurrt hast.

Als sie heute vor fünf Jahren ein letztes Mal deine Herztöne abhörten, hast du nicht mehr geschnurrt. Man hörte laut und deutlich – diese Stille. Kein Schnurren, kein Herzschlag, einfach nur Stille. Friedlich. Sanft. Heute vor fünf Jahren. Um 11.10 Uhr.

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Für immer in meinem Herzen, mein intergalaktisches Kampfschiffchen

Von eisernen Grundsätzen, Teil 2

Sie zeigte mir die tiefen Bisswunden in ihrer linken und die Beruhigungstablette in ihrer rechten Hand, als sie sagte: «Du, das mit dem Sedieren – also, das hat nicht geklappt.»

Da stand ich nun an einem Sonntagnachmittag im Juni 2010 mit einer Katzentransporttasche in einem Vorort von Berlin und betrachtete die Bissverletzung von Faramees Pflegemutter – nennen wir sie M. aus B. «Sie wollte die Tablette partout nicht nehmen, ich habe alles versucht – naja, du siehst. Und jetzt ist es sowieso zu spät, die Tablette würde nicht mehr rechtzeitig wirken.»

Dass Faramee alles andere als «beruhigt» war, bewies sie anschaulich, als es darum ging, sie in die Transporttasche zu kriegen, um sie in den Flieger nach Zürich mitzunehmen. Eine halbe Stunde lang trotzte sie M.’s Bezirzungen und Einfangraffinessen, rannte hierhin und dann dorthin, duckte sich, täuschte an und – schoss schliesslich zur Tür, wo sie die grosse Freiheit hinter einer kaputten Katzenklappe vermutete.

Bisher relativ untätig, hechtete ich nun zur Tür und schob schnell ein Brett vor die Klappe, um Faramees potenziellen Fluchtweg zu verbarrikadieren, was diese wiederum damit quittierte, dass sie herzhaft in meine linke Hand biss. Das Gute daran: Während sie noch mit ihren Zähnen in meiner Hand verkeilt festhing, konnte sich M. mit einer Decke auf das Tierchen werfen und es endlich in die Tasche packen.

Nachdem wir Schweiss und Blut von uns abgewaschen hatten, war es auch schon höchste Zeit, zum Flughafen aufzubrechen.

Mit einer richtig schlecht gelaunten Katze im Gepäck.

Am Flughafen angekommen, rannten wir zum Gate, wo ich mich von M. und Freunden verabschiedete. Den Weg, der nun vor uns lag, mussten wir alleine gehen: die gefürchtete Gepäckkontrolle.

Während ich vor dem Gepäckscanner in der Warteschlange stand, versuchte ich so wenig wie möglich aus meiner tiefen Bisswunde zu bluten. Diese Katze konnte man nicht mal kurz rausnehmen und durch die Kontrolle tragen – das würden die bestimmt verstehen. Ich war zuversichtlich.

Aber nicht lange.

Mit versteinerter Miene schoben zwei uniformierte Männer freudlos die Gepäckstücke durch den Scanner. Als sie die Katzentransporttasche sahen, meinte der jüngere der beiden mit leerem Blick in breitestem Berliner Dialekt: «Is dat ne Katze? Dann nehmse die ma schön da raus, junge Frau, und tragense die separat durch.»

Ich setzte mein bezauberndstes Lächeln auf, zeigte ihm meine angefressene Hand und erklärte in zuckrigster Stimmlage: «Das wird nicht gehen, diese Katze kann man nicht rausnehmen und herumtragen.»
Er, ohne jede Gemütsregung: «Dann bleibtse hier.»
Ich: «Aber – es wird doch eine Möglichkeit geben, die Katze samt Tasche zu kontrollieren?»
Er: «Na, dann hättense sich ma vorher kundig machen sollen, wa?»

Wäre es nicht so extrem kontraproduktiv gewesen, hätte ich ihn richtig fest verhauen.

Doch stattdessen versuchte ich ihm zu erklären, dass ich das weiss Gott versucht hätte (siehe dazu: «Eiserne Grundsätze, Teil 1»), doch leider gescheitert sei und überhaupt sei das doch Irrsinn – äh, Entschuldigung: unrealistisch –, Katzen an Flughäfen auszupacken. Doch er hörte mir gar nicht zu, stattdessen schob er weiter mit versteinerter Miene Gepäckstücke durch den Scanner.

An Flughäfen vergisst der Passagier ja schnell mal, dass er eigentlich zahlender Kunde und der Flughafen Dienstleistungsbetrieb ist – vielmehr sind die Uniformierten offensichtlich hervorragend darauf gedrillt, einem mit ihrer lustlosen Verachtung das Gefühl zu geben, man sei die überflüssigste Existenz der Welt.

Derweil betrachteten mich die anderen Passagiere etwas interessierter als nötig, wie ich ratlos mit meiner fauchenden Transporttasche in einer sich ausbreitenden Blutlache stand und überlegte, ob es etwas gäbe, was diese Situation noch ungemütlicher machen könnte.

Mir schien, als seien Tage vergangen, bis sich der jüngere der uniformierten Griesgrame endlich meiner erbarmte und meinte, er telefoniere mal und kläre das ab.

Hoffnung keimte in mir – ein Beamter hatte meine Existenz anerkannt.

Nach rund zehn Minuten erschien eine uniformierte Frau, die mir erklärte, der Tierschutz verbiete es, ein Tier durch den Scanner zu schieben, sie sehe aber mein Problem und werde mal schauen. Sie führte uns in einen kleinen Raum, schloss die Tür und griff mit ihrer lederbehandschuhten Hand in Faramees Tasche, aus der es spuckte und fauchte und jaulte. Sie zog schnell ihre Hand wieder raus, sah mich an und meinte: «Ich verstehe.»

Als sie dennoch versuchte, Faramee aus der Tasche zu ziehen, wehrte die sich heftig, drohte zu Boden zu fallen, weshalb ich instinktiv zugriff und erneut gebissen wurde. Daraufhin ging die Frau raus, kam mit einem seltsamen Gerät zurück, fummelte damit in der Tasche herum und meinte dann: «Alles ok.»

Muss ich verstehen, warum man das nicht gleich so gemacht hat?

Ich hatte aber sowieso keine Zeit nachzudenken, als ich zum Gate zurück rannte und mit Faramee als letzter Passagier im Flugzeug verschwand.

Während ich mich mit der tobenden Transporttasche zu meinen Füssen im Flugzeugsitz einrichtete und mir meine aufmerksame Sitznachbarin Taschentücher und Pflaster reichte, wollte ich schon meinen, wir hätten das Schlimmste überstanden.

Doch dann fiel mir ein, was eine Bekannte mir von ihrer Reise mit einer Katze erzählt hatte.

«Wir standen da mit unserer Katze, und der Zöllner wollte uns partout nicht durch lassen – eine Stunde lang hat er mit uns geschimpft. Ich kam mir vor, als versuche ich, waffenfähiges Uran zu schmuggeln.» So die Schilderungen meiner Bekannten, die rund einen Monat zuvor eine Katze aus Spanien geholt hatte. Darum hatte ich die Einfuhrbestimmungen des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET) auswendig gelernt, ausgedruckt und mir per E-Mail nochmals bestätigen lassen, was ich brauche und tun muss, um meine neue Katze Faramee gesetzeskonform von Berlin nach Zürich zu importieren. All das hatte meine Bekannte allerdings auch vorgekehrt…

Nach der schweisstreibenden Gepäckkontrolle am Berliner Flughafen stellte ich mich also auf eine schweisstreibende Zollkontrolle am Zürcher Flughafen ein, während ich mich im Flugzeug nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen konnte: Sämtliche Sitzreihen vor, neben und hinter uns sahen interessiert zu uns und rundherum erklangen entzückte «Jöös». Ich bedeckte unauffällig meine zerbissene Hand, blickte mich lächelnd um und meinte: «Ja, ganz liebes kleines Kätzchen, ganz, ganz lieb.»

Nach der Landung ging ich mit Faramee schnurstracks in den roten Zollbereich, wie das BVET mich angewiesen hatte. Ich stellte mich auf Ärger ein…

Zehn Minuten später sass ich mit Faramee im Taxi. Der Zoll war überhaupt kein Problem gewesen. Der nette Zöllner wollte nur den Heimtierausweis sehen und las Faramees Chip ein. Wohlweislich durch die Transporttasche hindurch.

Endlich zu Hause, fingen nach rund zwei Stunden allerdings meine Bisswunden an zu tuckern. Vor allem der linke Ringfinger sah ziemlich mitgenommen aus. Ich überlegte, wer mir an einem Sonntagabend um 22 Uhr sagen könne, ob ich mir Sorgen machen muss, und rief bei einer «Helpline für nicht lebensbedrohliche medizinische Notfälle» an.

Die Dame am anderen Ende der Leitung liess sich alles genau erläutern und fasste dann meine Schilderungen zusammen: «Katzenbiss also. Und der betroffene Finger ist dick geschwollen und bläulich-schwarz verfärbt. Aha. Tut er denn weh?»
Ich: «Ja, absolut, das tut er.»
Dame: «Das ist gut.»
Ich: ???
Dame: «Wenn ein Gliedmass bläulich-schwarz ist, dann ist es entweder abgestorben, oder es liegt nur ein Bluterguss vor. Wenn der Finger abgestorben wäre, täte er aber nicht mehr weh, also ist es wohl ein Bluterguss.»

Sie meinte, ich solle mir keine Sorgen machen, nur wenn die Schmerzen stärker würden, solle ich meinen Arzt konsultieren, was ich am nächsten Morgen auch tat. Als mein Hausarzt den Finger sah, wurde er ziemlich blass und meinte: «Sie brauchen die Fingerkuppe noch, oder?» Ich wurde sofort in die Notaufnahme des Unispitals überwiesen, wo ich an den Tropf gehängt und meine Bisswunde ausgekratzt wurde.

Als ich mich im Frühjahr 2010 dazu entschlossen hatte, Faramee zu uns zu holen, war ich darauf vorbereitet worden, dass ich diese Katze wohl niemals würde anfassen können, ohne massive Verletzungen zu riskieren. Möglicherweise würde ich sie auch kaum je sehen, zumal in ihrem Schicksal als vermutlich wild geborene, verwahrloste Strassenkatze nicht vorgesehen war, dass sie jemals in menschliche Obhut kommt. Doch durch überambitionierte Tierschützer war sie von Spanien über Umwege schliesslich in M’s Pflegestelle bei Berlin gelandet, die zu retten versuchte, was wenigstens noch zu retten war: Faramees Leben.

Nachdem Faramee wochenlang in meiner Abstellkammer, dann unter meinem Bett und schliesslich im stillgelegten Kamin wohnte, entschloss sie sich am 15. Januar 2011, dass sie meine Best-buddy-Katze wird. Wir waren seither ein Herz und eine Seele.

Bis zum 11. März 2019.

Ich fliege ja öfter mal nach Berlin, um Verwandtschaft zu besuchen. Aber ohne Katze ist Reisen irgendwie langweilig.

R.I.P geliebte Faramee

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Von eisernen Grundsätzen…

Vor ziemlich genau 9 Jahren tat ich etwas, was ich sonst – aus gutem Grund – niemals tue: Ich stöberte im Internet ein bisschen auf Vermittlungsseiten für Notfallkatzen. Ich wollte «nur kurz gucken».

Und was ich sah, war «das» da:

Das ist Faramee. Damals lebte sie auf ihrer Pflegestelle in Berlin, ehemalige spanische Strassenkatze, die andere Katzen liebt und Menschen meidet. In verschiedener Hinsicht eine nicht ganz unkomplizierte Katze. Also genau mein Beuteschema.

Sofort hab ich die Seite zugeklickt und tief durchgeatmet.

Wie ein Mantra wiederholte ich immer wieder: «Du hast Grundsätze, einer davon ist, dass fünf Katzen die Grenze sind – mehr gibts nicht. Basta.» Dabei guckte ich streng und glaubte allen Ernstes, ich würde mich dran halten.

Das war Ende März 2010. Doch Faramee ging mir während der nächsten Wochen einfach nicht mehr aus dem Sinn. Ich finde viele Katzen wunderbar, genau genommen finde ich sogar alle Katzen ganz wunderbar. Aber ich muss die nicht alle haben. Darum verstand ich selber nicht ganz, warum gerade diese Katze sich so in meinen Gedanken festgebissen hatte. Zumal wirklich alles gegen eine sechste Katze sprach:

  • Erstens: äh – nun: ich hatte mir ganz fest vorgenommen, dass es bei fünf Katzen bleibt.
  • Zweitens: öhm. Puh – naja, es wäre nicht vernünftig.
  • Drittens hat meine Katze LouLou Angst vor anderen Katzen und mit vier Artgenossen schon genug um die Ohren.

Doch meine Standhaftigkeit geriet zusehends in Schieflage.

Als ich eines Tages bei einem Telefonat mit meiner Berliner Cousine von Faramee erzählte und ihr erklärte, warum ich sie ganz unmöglich nehmen kann, fasste meine Cousine in bestechend simpler Logik kurz zusammen: «Also mal abgesehen von irgendwelchen Grundsätzen scheint ja nur LouLous Katzenphobie dagegen zu sprechen, dass du Faramee nimmst. Oder?»
Ich: «Jetzt mal ganz schnörkellos auf die Fakten runtergebrochen: ja.»
Cousine: «LouLou weiss aber gar nicht, wie viele Katzen bei euch rumlaufen, weil sie ja zurzeit immer nur im Arbeitszimmer sitzt, oder?»
Ich: «Naja, streng genommen – korrekt.»
Cousine: «Dann ist es doch auch egal, ob das vier oder fünf sind.»

Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass man meine Vernunft loben und meine Standhaftigkeit stärken würde, stattdessen kaute ich nun freudig nervös an meinen Fingernägeln herum: «M-hm, das kann man so sehen.»
Cousine: «Ausserdem lebt Faramee nicht irgendwo im Timbuktu, sondern hier im Umland von Berlin, genau zwei Dörfer von mir entfernt. Du kommst uns doch sowieso demnächst besuchen, dann nimmst du sie auf der Rückreise einfach mit.»

Es machte «ploink» und da lag sie darnieder, meine Standhaftigkeit.

Nachdem ich das Ok von Faramees Pflegestelle hatte, machte ich mich über die Einfuhrformalitäten für den Zoll und die Transportbestimmungen der Fluggesellschaft kundig.

Beziehungsweise versuchte mich kundig zu machen…

«Das ist ja eine ganz blöde Idee», meinte die Frau am anderen Ende der Leitung, «das kann ich mir nicht vorstellen.» Ich war gerade dabei abzuklären, was ich beachten muss, wenn ich eine Katze mit ins Flugzeug nehmen möchte, da ich ja Faramee aus Berlin holen wollte. Ich hatte gehört, dass man an einigen Flughäfen mitgeführte Haustiere bei der Gepäckkontrolle aus der Transporttasche nehmen muss, was bei Katzen generell jetzt nicht so die prima Idee ist, sie an einem lauten Flughafen voller Menschen mal kurz auszupacken und durch die Gegend zu tragen. Und bei einer verschreckten Ex-Strassenkatze, die einen überhaupt nicht kennt, ist das sogar ein ziemlich gewagtes Unterfangen… Ich hatte also bei der Fluggesellschaft angerufen, um mich zu vergewissern, ob ich Faramee da wirklich auspacken muss. Die nette Frau am Telefon konnte mir das jedoch leider nicht mit Sicherheit sagen.

Also rief ich beim Berliner Flughafen Tegel an. Ich wurde mit einer Dame verbunden, die mit meiner Frage wie folgt umging:
Dame: «Das weiss ich nicht.»
Ich: «Und wer könnte das wissen?»
Dame: «Das weiss ich auch nicht.»
Ich: «Aber Sie arbeiten doch beim Flughafen und ich habe eine Frage zu den Flughafenbestimmungen – wenn das beim Flughafen niemand weiss, wer dann?»
Dame: «Ich kann ja mal meine Kollegin fragen.»
Ich: «Das wäre nett.»
Die Dame verschwindet aus der Leitung. Nach einigen Minuten kommt sie zurück und meint: «Die weiss das auch nicht.»
Ich: «Und was mach ich jetzt?»
Dame: «Ich werde Sie am besten weiterverbinden.»

Ein Hoffnungsschimmer.

Nach einigen Minuten sagt eine andere Dame leicht missmutig: «Hallo.»
Ich erkläre auch ihr, was ich gern wissen möchte.
Dame 2, entsetzt: «Nein, natürlich dürfen Sie die Katze während des Fluges nicht aus der Transporttasche nehmen!»
Ich: «Ähm, nein. Ob ich sie bei der Gepäckkontrolle rausnehmen muss, möchte ich wissen.»
Dame 2: «Das weiss ich nicht.»
Ich: «Hmpf.»
Dame 2: «Ich werde mal meinen Kollegen fragen.» Sie verschwindet kurz, kommt zurück und meint: «Wie schwer ist Ihr Hund?»

Kurz: Da es trotz redlicher Bemühungen meinerseits bedauerlicherweise unmöglich war, eine zuverlässige Antwort auf diese Schlüsselfrage zu erhalten, beschlossen Faramees Pflegestelle und ich, die Katze entgegen unserer Überzeugung für die Reise mit einem Beruhigungsmittel ausser Gefecht zu setzen.

Ein solider Plan.

Der leider scheiterte.


Mehr dazu: «Von eisernen Grundsätzen, Teil 2» 

Geliebte Faramee – nicht fort, nur woanders

Ich stehe noch unter Schock. Vor wenigen Stunden musste ich meine geliebte Best-Buddy-Katze Faramee gehen lassen. Vor nicht mal 48 Stunden schien noch alles wunderbar, nichts deutete auf das Drama hin, das folgen sollte.

Am Samstagabend drängelte Faramee mich – wie so oft – noch fast vom Sofa vor Anlehnungsbedürftigkeit, quakte mich erwartungsvoll an, wenn ich nur Richtung Leckerlitüte dachte und folgte mir schliesslich ins Schlafzimmer als ich es angebracht fand, den Tag schlafender Weise abzuschliessen. Das war unser letzter «normale» Tag.

Sonntagmorgen tigerte Faramee zwar wie immer ums Bett, mir fiel aber ihre eigenartig geduckte Körperhaltung auf. Da jedoch ein ordentlicher Sturm ums Haus tobte, vermutete ich diesen als Grund für ihr verstörtes Verhalten.

Als sie allerdings ihr Frühstück verschmähte und nicht einmal für ihre geliebten Leckerli empfänglich war, hielt ich ihr meine Hand hin – quasi fragend, was denn los sei?

Sie hackte mir mit einer Wucht ihre Krallen in meine rechte Hand, dass für einige lange Sekunden weder ich mich noch sie sich aus dieser Situation zu befreien vermochte. Erst war ich schmerzerfüllt, dann sauer. Und dann misstrauisch: Die einstmals kratzbürstige Vampirkatze Faramee hatte mich seit Jahren nie mehr attackiert – nicht einmal, wenn ich sie mal zum Tierarzt schleppen wollte – was war nur mit ihr los?

Noch immer schob ich ihre Verstörtheit auf den Sturm. 

Im Laufe der nächsten Stunden wurde sie immer eigenartiger, fauchte die anderen Katzen an, mit denen sie sonst immer traumverloren geschmust und gespielt hatte, verlangte irgendwann, trotz Sturm auf die Terrasse raus zu dürfen, wonach auch ich endlich begriff, dass der Sturm nicht unser Problem war.

Als ich einen langen Speichelfaden an ihrem Kinn sah, hatte ich die Zeit bereits genutzt zu recherchieren, an welche Tier-Notaufnahme in der Stadt Zürich wir uns an einem Sonntag wenden könnten, nachdem das Zürcher Tierspital seit einer Gesetzesänderung vor rund zwei Jahren nur noch Überweisungspatienten annehmen kann – und Notfälle, die unübersehbar solche sind. Doch noch wollte ich ja nur sichergehen, dass mit Faramee alles wieder gut kommt, glaubte nicht ernsthaft daran, dass ihr Leben akut bedroht sei.

Nach einigen Telefonaten war klar, dass wir in eine Tierklinik nach Regensdorf fahren würden, die mir telefonisch auch bestätigte, dass Faramee gerade alles und nichts haben könnte, wir aber genau darum besser nicht bis Montag warten sollten.

Als mir vollkommen problemlos (mal abgesehen von den erneuten tiefen Krallenpiercings in meiner rechten Hand) gelang, Faramee in ihre Transportbox zu setzen, wusste ich, dass diese meine Katze todkrank sein muss. Ich konnte Faramee noch nie eintüten, ohne dass sie vorher unsere Wohnungseinrichtung geschreddert hat.

Rund zwei Stunden später war aufgrund der Erstuntersuchung klar, dass Faramee plötzlich blind war, was wiederum ihre Verstörtheit hätte erklären können. Noch hoffte ich.

Als mögliche Ursache für plötzliche Blindheit/Aggression/eigentümliches Verhalten/Speicheln wurden mir genannt: Bestenfalls ein epileptischer Anfall, was zwar je nach Ursache auch nicht optimal wäre, aber noch viele Optionen offen gehalten hätte. Im allerschlechtesten Fall ein Hirntumor, der nur noch verdammt wenige Optionen offenhält. Und dazwischen noch ca. 3000 andere mögliche Ursachen, die aber mehr oder weniger immer mit dem einen oder anderen Zuerstgenannten zusammenhingen. Faramees Blutwerte wurden gecheckt und per Röntgen ein Körperscan gemacht, um vielleicht erste Aufschlüsse zu erhalten. Doch beide Befunde waren an sich prima.

Was in dieser Situation nur kurz erfreulich war. 

Die Ärztin erklärte mir, dass Faramees Symptome somit «eine zentrale Ursache» haben müssen. Ich fand Faramees Symptome eigentlich schon die ganze Zeit ziemlich zentral und fragte in meiner Verwirrung nach, was sie damit meine. «Das Gehirn. Irgendwas stimmt in ihrem Gehirn nicht», meinte die Ärztin. Normalerweise mache ich Scherze über sowas: In wessen Katze Hirn stimmt denn irgendwas nicht nicht? Aber mir war nicht nach Scherzen.

Schnell war klar, dass Faramee für weitere Abklärungen und zu ihrer eigenen Sicherheit auf der Intensiv in der Klinik bleibt. Natürlich wurde ich auch nach der Kostenobergrenze gefragt und was im Falle eines Herzstillstandes getan werden solle. Ich wie immer in der Notaufnahme: Grün = Kosten könnten mir egaler nicht sein, solange sie dazu beitragen, dass mein geliebtes Tier nach medizinischer Einschätzung nochmals nennenswerte Lebensqualität erreichen kann. Ohne Garantien. Alles klar. Mehr oder weniger.

Und so fuhr ich mit der leeren Transportbox im Zug nach Hause. Nahm alles nur wie in Dumpfheit gepackt wahr. Inzwischen nieselte es.

Auf der Taxifahrt zuvor zur Klinik sah ich einen so zauberhaft klaren Regenbogen wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Er schien durchs Autofenster nach Faramee greifen zu wollen, um sie zur sprichwörtlichen Brücke zu bringen. Der Taxifahrer sagte noch: Dort am Ende des Regenbogens ist die Tierklinik. Er meinte es gut und ahnte nicht, welch unguten Gefühle der Regenbogen und seine Worte in mir auslösen würden. Ich umfasste Faramees Box und flüsterte dem Regenbogen zu, dass ich Faramee nicht kampflos aufgeben würde. Als wir in der Klinik ankamen, war er fort, stattdessen schien kurz eine wolkenlose Sonne.

Ich hoffte immer noch.

Als ich heute gegen 12.30 erneut in die Klinik fuhr, schneite es. Ich hatte kurz zuvor erfahren, dass bei Faramee ein fast inoperabler Tumor im Gehirn und weitere im Bauchbereich gefunden worden waren. Die Ärztin liess mir allen Entscheidungsspielraum, verheimlichte aber auch nicht, dass die meisten Katzen bei einer solchen Hirntumor-OP sterben und selbst wenn nicht, nicht abzuschätzen sei, was das alles mit ihrem Körper und ihrer Persönlichkeit macht. Hirntumor halt. Ich fragte sie, wie sie entscheiden würde, wäre es ihre Katze. Die Antwort liess nicht wirklich viel Interpretationsspielraum.

Und so liess ich Faramee heute gegen 13 Uhr gehen.

Meine Welt ist aus den Fugen. Sie war trotz FIV nie krank. Sie war bis vor 48 Stunden noch die aufgeweckteste Katze der Welt. Und nun schläft sie für immer.

Ich habe verstanden, dass sie tot ist. Aber ich bin weit davon entfernt, das zu begreifen.

Geliebte Faramee, ich weiss, dass du weisst, wie sehr ich dich liebe (auch wenn ich dich manchmal von der Tastatur schubste, entschuldige bitte).

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Die Wände zwischen den Katzenwelten sind derzeit wieder sehr dünn – und so wirst du ennet dem Regenbogen viele Katzen treffen, die mir und Dosis, die ich sehr mag, sehr am Herzen liegen. Natürlich deine Co-Sternlis Omar, Mathilde, Mogwai, Sahib, Max und LouLou. Aber auch jene, die dir erst in den letzten wenigen Wochen vorangingen: Pooh, Fritzi, Kurti, Queenie, Krümel, Lady Summerfield und Myiagi, Tommy Lee und viele mehr.

Die Wände sind dünn. Du bist nicht fort – nur woanders 😢❤️

Ich liebe dich für immer und noch weit darüber hinaus, mein geschecktes Herz. Danke, dass du hier bei uns warst – und immer sein wirst.


Zu Faramees Ehren werde ich in den nächsten Tagen ihre Geschichte hier nochmals erzählen. In den Worten von damals. In der Liebe von heute.

Malik, unser Adventswunder: Happy Move-in-Day

Geliebter Malik, du süsse Motte ❤

Heute vor einem Jahr stand ich um 1.20 Uhr nachts auf, um pünktlich gegen 2 Uhr früh loszufahren, denn es galt, dich ohne Verspätung um 5 Uhr morgens in Deutschland an der Übergabestelle in Empfang zu nehmen, damit wir dich ohne Unterbruch deiner Reise und gesetzeskonform in die Schweiz bringen konnten.

Wer mich kennt, weiss, dass es mir weder liegt, mitten in der Nacht aufzustehen, noch überhaupt in ein Auto zu steigen, geschweige denn im tiefsten Winter nächtens ein solches in mir unbekanntes Gebiet zu steuern. Und die Kombination von all dem mobilisierte so ziemlich alle Ängste in mir, derer ich habhaft werden kann.

Das Einzige, lieber Malik, was mich dazu brachte, meine Ängste zu überwinden, war das Wissen, dass ein kleiner blinder Kater mit auslaufenden Augen unter schrecklichsten Bedingungen in einer spanischen Tötungsstation ausgeharrt hatte und nur diese eine Hoffnung haben konnte, dass jemand seine eigenen Ängste überwindet, um dir deine für immer zu nehmen.

Also fuhr ich vor genau einem Jahr los. Um dein und mein Adventswunder wahr werden zu lassen.

Weisst du: Ich hatte Max‘ Platz hier bei uns ja schon an dich vergeben, während er noch lebte, ich aber wusste, dass sein Platz hier – leider – sehr bald frei würde, weil Max nunmal im Endstadium todkrank war. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen deswegen. Doch an dem nicht planbaren Tag, an dem es für Max so weit war, diese Welt zu verlassen und ich ihn vormittags gegen 11 Uhr unter vielen Tränen gehen lassen musste, fand ich abends just an diesem Tag deinen Schutzvertrag im Briefkasten. Weil niemand weiss, ob das etwas zu bedeuten hat oder nicht, nahm ich mir die Freiheit, diesen Umstand so zu deuten, wie es mir angemessen schien: Max gab uns seinen Segen.

Und in der Tat: Du hast viel von Max. Du erinnerst mich jeden Tag an ihn: Du bist unerschütterlich neugierig, wagemutig und auch ein wenig öhm „fremdbestimmend“ 😀 – ich denke, das gefällt deinem „Vater im Geiste“ ❤ Du erinnerst mich aber in anderer Hinsicht auch oft an Mathilde: So liebevoll, so anhänglich, so unerschütterlich treuherzig, nach all dem Horror, den du schon erlebtest – ich denke, das gefällt deiner „Mutter im Geiste“. Kann es Zufall sein, dass der Name, der mir spontan für dich einfiel, auch mit M und A beginnt?

Aber das sind so Gedanken, die nur wir Menschen uns machen.

Du hingegen bist einfach – du. Lebst, freust dich, hüpfst rum – auf allem, was sich als Hüpfunterlage anbietet (wärst du schwerer, hättest du mir schon etliche Male alle Rippen gebrochen, du kleiner Irrer).

Leicht war es anfangs mit dir allerdings nicht.

Denn bald stellte sich heraus, dass du extrem bissig bist, weshalb ich tatsächlich überlegte, dich zum Wohlergehen der anderen Katzen hier leider abgeben zu müssen. Doch deine Vermittlerin (der ich übrigens 2009 schon Mathildes Vermittlung ins Zwergenland zu verdanken hatte) konnte mich davon überzeugen, es mit Homöopathie zu versuchen. Tatsächlich vollbrachte die von ihr empfohlene Homöopathin schon mit der ersten Behandlung ein kleines Wunder. Konsequentes Training, wie ich es von der Verhaltenstherapeutin Christine Hauschild gelernt hatte, tat das Übrige, worauf ich damals kaum zu hoffen wagte: Du beisst hier schon seit Langem niemanden mehr, weder Mensch noch Katze. Und wenn dich mal wer anknurrt, springst du ihm nicht mehr direkt mit ausgefahrenen Krallen ins Gesicht, sondern legst dich nun einfach hin und gähnst ❤

Du bist wirklich unglaublich intelligent und lernfähig. Du findest dich hier im Wortsinne „blind“ zurecht, rast die Treppen und Kratzbäume unfallfrei hoch und runter, findest allein den Weg auf die Terrasse und zurück; inzwischen springst du allerdings nicht mehr „blindlings“ auf Katzenliegeplätze, sondern tastest dich vorsichtig vor, ob da womöglich schon jemand liegt, der es nicht schätzt, wenn man auf ihn draufspringt 😀

Und wenn „die Mami“ mal zu weit weg ist, stimmst du deinen Babymäusekönig-Gesang an, ich flüstere nur deinen Namen – und du kommst angaloppiert wie ein junges Pony.

Mein kleiner grosser bekloppter Mäusekönig, glaub mir bitte, was ich dir immer sage, wenn du fast in mich reinkriechst:

Du wirst nie mehr allein gelassen, ich liebe dich für immer. 

Happy first Move-in-Day, mein kleiner Blindfisch, mein Mäusekönig, mein Schnackolino, mein Max-Mathilde-Sohn, mein kleiner mir immer folgender Schatten, der so viel Licht ausstrahlt, dass du mich bisweilen blendest: Ich liebe dich. Mehr als Worte sagen könnten.

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Einen frohen 1. Advent euch allen! 

Und nochmals allerherzlichsten Dank an seine Retter/innen vor Ort in Spanien und in der Schweiz: Danke ❤

Vom Beisserle zum Scheisserle

Anfang Dezember zog ja Blindfischchen Malik hier ein. Leider entwickelte sich seit seinem Einzug hier so ziemlich nichts wie geplant. Doch wo ein Wunsch, da ein Weg. Manchmal zumindest.

Am 3. Dezember 2016 zog hier ja ein blindes Katerle ein, das von Proda Vinaros aus einer spanischen Perrera gerettet worden war. An dieser Stelle auch nochmals meinen innigsten Dank an diese Leute, dass sie diese besondere Seele (ok: Alle Seelen sind besonders) nicht ihrem vermeintlichen Schicksal überliessen ❤ 

Dank Tipps befreundeter Blindkatzen-Halter hatte ich hier auch alles blindfischchen-gerecht parat gemacht und der Einzug verlief zunächst problemlos.

Malik lebte sich wesentlich schneller ein als zu befürchten stand. Bis.

Ja, ein ungewolltes Wortspiel: Bis die ersten Bisse seinerseits hier Alltag zu werden drohten.

Zuerst biss er mich. Nicht ein bisschen (schon wieder so ein doofes Wortspiel), sondern so richtig, mit Herzblut (ok, Iwon, das mit den Wortspielchen reicht jetzt…). Ich war irritiert.

Er biss meiner Wahrnehmung nach nicht aus Aggression, sondern gerade dann, wenn er scheinbar am entspanntesten war: Beim Kuscheln, beim Streicheln – was immer von ihm ausging bzw. regelrecht eingefordert wurde, um dann wie aus einer Trance heraus plötzlich herzhaft (für mich SCHMERZhaft) zuzubeissen. Ich so: ? Es ist nicht schön, vor der eigenen Katze Angst zu haben. Nach 8 (!) ärztlich verordneten AB-Therapien trug ich in seiner Anwesenheit ab dann immer dicht gefilzte Pulswärmer – denn er zielte fast immer auf die Pulsadern. Öhm, mordlustiger Geselle?

Doch dann biss er auch Felize und Lucie. Und zwar auch so richtig.

Da war für mich kurzschluss-mässig Sense: Malik kann nicht hier bleiben. Wenn er mich beisst – damit lerne ich umzugehen, aber nicht die anderen Katzen. Ein No-Go.

Nach einiger Hysterie meinerseits und zunächst etwas Unverständnis seitens der Vermittlerin, rauften wir uns zusammen und überlegten, was zu tun sei.

Schon wieder monatelang Verhaltenstherapie wie damals bei LouLou und Moriah – ach mönsch, dacht ich. Gmpf.

Die Vermittlerin – nennen wir sie M. aus CH – schlug mir eine Globuli-Therapie vor.

Ich so: Geh weg. 

Ich habe hier schon viel durch mit Katzen, die nicht gerade aus dem optimierten „Verhaltens-Katalog“ kommen. Aber bevor Missverständnisse aufkommen: Das sind alles ganz wunderbare Wesen und ihr Verhalten hat genau zero mit ihrer Herkunft zu tun: Auch genetisch superoptimierte Zuchttiere können Arschlöcher sein. Der Mensch an sich sowieso.

Nur so zum Verständnis.

Und ich habe irre viel dazugelernt, was ICH alles falsch/suboptimal machte: Es ist NIE das Tier, das etwas „falsch“ macht – „falsch“ und „richtig“ sind unsere menschliche Definition. Also ist es unser Fehler, wenn ein Tier mit seinem Verhalten in die „Falsch“-Kategorie fällt. Logisch, nicht? Eben.

Und im Versuch, „meine“ Tiere dazu zu bringen plus minus das zu machen, was ich für wünschenswert halte, weil ich das so möchte, habe ich unter anderem ganz grossartige Erfahrungen mit „Tierpsychologie“ gemacht, von der ich zuvor aus schlichter Unkenntnis wenig hielt (ich Idiot).

Mit Globuli habe ich auch schon viel probiert, aber weder bei Mensch noch Tier je eine Wirkung feststellen können.

Bis vor Maliks Einzug.

Nachdem ich Malik aufgrund der Bissattacken auf Felize und Lucie wieder sozusagen vorübergehend dauerhaft im Arbeitszimmer separiert hatte und mich selber nur noch im Schutzanzug dort rein traute, dachte ich zu mir selbst: Scheiss auf deine Wahrnehmung von Globuli-Wirkung – wenn es diese Möglichkeit gibt, das liebestolle Beisserle hier zu behalten, versuch es wenigstens.

Also tat ich wie geheissen: Globuli dann halt.

 

Eine sehr kompetente Frau kam uns dann aufgrund von M’s Empfehlung für äusserst faires Geld besuchen, analysierte, fragte, notierte, war sympathisch und verabreichte Malik schonmal eine Erstdosis und schickte uns dann wirklich wenige Stunden darauf ihre Langzeit-Mittel.

Mein Fazit:

Malik wurde schon am ersten Tag nach Verabreichung der Erstdosis eines hochpotenzierten Mittels merklich ruhiger ohne dabei „stillgelegt“ zu wirken – er war immer noch er, aber tiefenentspannter. Und wenn er mir gegenüber den Biss-Impuls zeigte, hielt bereits inne, bevor ich ihn sanft zurückweisen musste.

Ich so: wow.

Nach etwa einer Woche traute ich mich, Malik auch wieder von mir begleitet zu den anderen 6 Katzen zu lassen. Und siehe: Hat er zuvor alles attackiert, was nach Katze roch, hielt er nun auch inne und schnupperte erstmal. Ihm nun schon zu vertrauen, wäre viel zu früh – also nutzte ich sein Innehalten, ihn zu konditionieren: 1. super, dass du abwartest, 2. wenn dich wer anbrummt oder gar anfaucht: Sei cool, geh einfach weg.

Nach einem Monat hatte er diese innere Gelassenheit sowie die Konditionierung so weit verinnerlicht, dass er allein beim Stichwort „coole Socke“ (was Besseres fiel mir halt spontan nicht ein) sich von der jeweiligen „Kontrahenten“-Katze abwendete und seiner Wege ging, ohne dass ich aktiv intervenieren musste (zB. mit einem Trennkarton o.ä.). Er legte sich einfach irgendwo gemütlich hin.

Nun ist Malik seit über 3 Monaten hier. Von ihm geht keinerlei aktive Aggression mehr aus – weder mir noch den Katzen gegenüber.

Er braucht aber noch oft, dass man ihm Grenzen setzt – er würde einen sonst gnadenlos unterbuttern nach dem Motto „meine Bedürfnisse zuerst!“. Aber Grenzen kann man gewaltlos bzw. sogar liebevoll setzen – auch das muss Malik noch weiter lernen.

Blöderweise haben nun einige der anderen Zwerglis ihn weiterhin auf dem Radar, vermutlich weil Malik sich hier zu Beginn nicht gerade als Vorbild-Neuzugang zeigte. Vor allem Shakti (die selber gar nicht von ihm attackiert wurde, aber hier leider die Chef-Katze markiert – ey, die bin doch ICH!) möchte ihm offenbar so gar nicht verzeihen.

Aber dafür, dass ich zunächst dachte, die Ausgangslage hier sei hoffnungslos, läuft es inzwischen echt prima. Ich bin tagsüber eh bei Malik im Arbeitszimmer – er hat solche „Verlustängste“, grausam, was der schreien kann, wenn „Mami“ mal den Raum verlässt – vielleicht verständlich, nach allem, was er mutmasslich erlebt hat. Aber das wird langsam auch besser.

Mein Bürokollege im Home-Office:

Die Zwerglis alle ohne „Aufsicht“ allein lassen, würde ich noch nicht wollen. Die Gefahr, dass das sensible Gleichgewicht kippt, ist mir für den Moment noch zu gross: Ich kann nicht ständig überall sein. Und wenn ich bedenke, dass dieser Prozess der „Nachsozialisierung“ bei Moriah rund ein Jahr dauerte, möchte ich nun nach „nur“ drei Monaten nicht alles ruinieren, indem ich übermütig werde.

Aber natürlich ist es das Ziel, dass Malik hier so bald wie möglich frei rumläuft.

Treppen? Kein Problem für Blindfisch (danke auch nochmal an Helga für ihre Tipps dazu!). Katzenbäume? Pfff – da hüpft mir Blindfisch fast schon ZU mutig auf und ab. Terrasse? Tsä – der kleine Mann freut sich so sehr auf den Frühling wie wir alle:

Ich habe mich nicht getraut, unsere Verhaltenstherapeutin zu Malik befragen – die muss mich ja nach LouLou und Mori eh schon echt für einen „Kamikaze“-Fall halten: Immer wieder aufs Neue… Aber dank ihrer Hilfestellung bei LouLou und Moriah wusste ich ja inzwischen ungefähr, was ich zu tun habe. Und es funktioniert auch erneut! Danke, Christine.

Anderseits habe ich Globuli bisher für Unfug gehalten (still und heimlich).

Seit Malik muss ich sagen: Doch, in seinem Fall waren die positiven Veränderungen nach fachkundigster Beratung merklich: In so kurzer Zeit so spürbare Veränderung? Konditionierung allein hätte das wohl nicht geschafft.

Aber in meinen Augen ist es die Kombi von beidem. Danke, dass ich erneut dazulernen durfte!

Wichtig ist wohl
1. Die individuelle Kombination für Mensch und Tier macht es aus.
2. Darum macht niemals 1:1 nach, was ihr irgendwo lest – auch hier: Es sind nur meine Erfahrungen mit meinen Zwergen. Darum nenne ich auch keine konkreten Mittel.
3. Wagt auch Wege, die ihr bisher für sinnlos hieltet, wenn es euch und euren Liebsten dienen könnte.

In diesem Sinne: Jeder hat seinen individuellen Weg zu gehen – er muss ihn nur finden 🙂

Malik scheint ihn gefunden zu haben. Eins der Vermittlungsfotos:

Aktuell:

Und so ist mein Beisserle nun mehrheitlich ein „Scheisserle“ (das ist im deutschen Sprachraum ja ein anerkanntes Kosewort). Herzlichst, Iwon & die 7 Bekloppten ❤

Willkommen, Adventskater Malik <3

Nein. Es war nicht geplant. Und ja. Lacht mich ruhig aus. Es sind doch wieder 7 Zwerge. Was kann ich dafür, ein aschblondes Schneewittchen zu sein? Eben.

Es war nämlich so:

Als ich im Juli erfuhr, dass Max unabwendbar bald sterben wird, beschloss ich, dass es dann bei 6 Zwergen bleiben soll.

Es gab viele Gründe, die dafür sprachen.

Doch es gab einen Grund, der dagegen sprach. Damals Angelo, heute Malik.

Darf ich vorstellenangelo-perrera

Am  3. November schickte mir die liebe Bekannte, die mich damals schon auf Mathilde aufmerksam machte, eine WhatsApp mit obigem Bild und den Worten „Huhu, wüsstest du per Zufall jemanden, der die arme Seele aufnehmen kann – sitzt in der Perrera.“ (sehr kurz zusammengefasst, was ihre Worte meinten):

  1. Sie wusste nichts über unsere aktuelle Situation hier, wir hatten sicher ca. ein Jahr lang keinerlei Kontakt mehr.
  2. Wenn ich noch ein einziges Mal von irgendwem die Frage höre, warum „wir Auslandstiere ‚einschleppen‘, wo doch die CH-Tierheime voll genug sind“, raste ich aus.

Wisst ihr, was eine „Perrera“ ist? DAS ist eine Perrera. Eine Tötungsstation. Die Tiere, die dort landen, haben eine gnädige Frist von im Schnitt 21 Tagen – bevor sie nein nicht eingeschläfert, sondern kaltherzig entsorgt werden. Ihre Schreie können weitherum gehört werden.

So.

Da hockt also dieses kleine verängstigte blinde Wesen und weiss nicht, wie ihm geschieht. Es gibt Tausende wie ihn, ja leider. Aber von ihm erfuhr ich nunmal ohne jede Anstrengung meinerseits, als hier gerade auch tatsächlich „ein Platz frei wurde“.

Und wer mich inzwischen kennt, weiss: Was interessiert die Trulla ihr Geschwätz von gestern. zB. „Nie mehr als 4 Katzen“… jaja… Wie kann ich wegschauen, wenn eins noch Platz fände? Eins – von Millionen? Immerhin eins.

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Zumal: Eine blinde, extrem menschenscheue Katze aus einer Perrera mit fast null Information jemandem in meinem Bekanntenkreis „schmackhaft“ zu machen, schien mir ein sehr aussichtsloses Unterfangen. Also alles klar. Er zieht hier ein.

Max lebte noch und es fühlte sich verräterisch an, seinen Platz bereits zu vergeben – allein: Wir konnten nicht warten, sonst wären jetzt wohl beide tot.

Dass Max mir das nicht übel nahm, rede ich mir damit ein, indem die Geschicke es so wollten, dass der Schutzvertrag für den kleinen Spanier just an Max‘ Todestag einige Stunden später nachmittags in meinem Briefkasten lag.

Und so kam es, dass ich am 3. Dezember um 1.20 Uhr nach 4 Stunden Schlaf aufstand, mich trotz Autofahr-Phobie in ein Mietauto setzte und grenznah nach Deutschland tuckelte, um den blinden Spanier wie unsere Gesetze es vorschreiben als Besitzerin in die CH und dann direkt zum Tierarzt zu verbringen. Letzteres ist nicht vorgeschrieben, schien uns aber angezeigt, da wir wissen wollten, ob nach seiner Augen-OP auch wirklich alles so verheilt, wie es sollte. Tut es. Gut zu wissen. Und Parasiten hat er auch keine. Auch gut zu wissen.

Die herzensguten spanischen Vermittler und mein Kontakt in der CH fragten mehrmals nach, ob ich denn wirklich darauf gefasst sei, eine extrem verstörte und verängstigte Katze aufzunehmen – sowas wolle doch normalerweise niemand.

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Eben. Darum ja hier 😀 Wir sind hier ja alle nicht „normalerweise“

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Und so kamen wir hier am 3. Dezember gegen 10.30 Uhr daheim an, der Kleine wurde erstmal im Home Office separiert, damit er „zur Ruhe kommt“.  Wobei er sich für eine extrem scheue und menschenfeindliche Katze schon in der Tierarztpraxis wesentlich tapferer verhalten hatte, als so manche sehende Katze, die glücklicherweise auch keine Perrera von innen kennt. Pff. Aber ich war auf alles gefasst.

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Naja und dann hat die extrem verstörte Menschenhasserkatze öhm – ja, na schaut selbst…

Ich wage mal zu sagen, dass da einer Zuhause angekommen ist ❤

Und nur um das klarzustellen, bitte: Ich bin kein besonders „guter Mensch“, „Katzenversteherin“ oder sowas. Vielmehr sind die Menschen, die sich tagtäglich – sei es wo immer auf der Welt – für diese vermeintlich verlorenen Seelen so sehr einsetzen – oft mit allem, was sie haben – DAS sind gute Menschen ❤

Und ich verneige mich vor ihnen, dass sie bei all dem Elend an weggeschmissenen (Haus-)Tieren nicht wegschauen, sondern versuchen zu retten, was zu retten ist. Mein allerherzlichster Dank in Maliks Namen gilt an dieser Stelle Michaela und Proda Vinaros

«Ein Tier zu retten, verändert nicht die ganze Welt,
aber die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier.»

Das gilt übrigens auch für Menschen ❤

Wenn jeder nur schon tut, was er kann statt wegzuschauen, und jeder nur in seinem kleinen Kreis – werden diese Kreise des Guten doch immer grösser und umfassender und irgendwann machen wir aus diesem Ort einen guten ❤

Und da ich ja zu allem immer einen Soundtrack brauche, das ist Maliks Song: Ride 😉 Und glaubt mir: Der PASST 😛

Malik, ich und die anderen Zwerge wünschen euch allen eine besinnliche und frohe Adventszeit ❤ Seid freundlich und tut Gutes – und ihr werdet so getan. ❤

Run free, Max <3

Heute gegen 11 Uhr musste ich meinen „Sturkopf“ Max gehen lassen. Ich bin gerade etwas überfordert. Eigentlich ist auch alles gesagt. Ausser eins noch: DANKE!

Max kam ja auf etwas ungewöhnliche Weise im März 2015 zu uns. Im Juli 2016 wurde durch einen wirklich absurden Zufall im Tierspital ein absolut tödliches Lymphom bei ihm diagnostiziert. Die Fachärzte sagten damals schon: Es kann morgen vorbei sein – wenn wir Glück haben, noch ein paar Wochen. Weihnachten wird er wohl nicht mehr erleben.

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Hat er auch nicht. Heute musste ich ihn gehen lassen – ich möchte seine Würde wahren und zeige weder Fotos seiner letzten Tage/Stunden (ich habe auch keine mehr gemacht) noch beschreibe ich näher, was mit seinem Körper im Begriff war zu geschehen.

Aber bis gestern wussten wir nicht, wie extrem schnell am Ende alles gehen wird.

Max blieb wesentlich länger stabil und scheinbar „gesund“ als die Ärzte vermuteten. Doch kurz nach der Diagnose veränderte er sein Verhalten als hätte er uns verstanden.

Er war ja ein Fundkater und man wusste, er war offenbar Zeit seines Lebens Freigänger. Er arrangierte sich dann hier aber zunächst mit Wohnungshaltung. Es lief alles so weit prima. Bis zur Diagnose.

Ab da versuchte er auszubrechen – als hätte er verstanden, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt?

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Er wanderte erst über die Dachrinnen zu den Nachbarn, die ihn glücklicherweise liebevoll gewähren liessen und mehr als das: Herzlichst willkommen hiessen ❤ Ja, ich war mitunter schon auch neidisch, ja. Bin auch nur ein Mensch – aber Francisca machte das alles auch wirklich super ❤

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Zum Herbst hin reichte ihm das aber nicht mehr. Er wollte noch mehr von seinem kurzen Leben. Wir fanden das nicht leicht, aber wir verstanden.

Glücklicherweise fand ich in einer langjährigen Freundin jemanden, die bereit war, ihm für die letzten Wochen ein perfektes Zuhause als Freigänger zu bieten – etwas ausserhalb der Stadt, aber noch erreichbar. Und so brachte ich ihn Mitte Oktober schwersten Herzens dorthin. In sein persönliches Katzen-Paradies, wie wir nur hoffen konnten. Nicht wissend, ob das für ihn (und uns) so hinhaut, wie ich hoffte. Kaum jemand mochte an meine Vision für Max glauben – aber sie haben mitgemacht (danke!!) Allen voran meiner Freundin, die eigentlich überhaupt nie nix Haustiere haben wollte – und sich dann in kürzester Zeit zur perfekten Katzenmama mauserte 😀 ❤ Grossartig!

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max-freedom3Wir hatten hier in Zürich das Glück eines gar zauberhaften Oktobers – Herbst, Herbst, Herbst, aber von seiner „wärmsten“ Seite ❤ Und glaubt mir: Max tobte sich nochmal richtig aus – ich habs auf dem GPS ja gesehen und mich aus der Ferne so für ihn gefreut – und manchmal auch gedacht: Junge! Passuf!

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Doch dann wurden seine Touren schon bald kleiner.

Die letzten Tage aber baute Max sehr krass ab.

Letzten Samstag waren meine liebe Nachbarin Francisca, die Max immer herzlichst willkommen hiess, und ich nochmal in Max‘ neuem Zuhause. Für einen sterbenden Kater zeigte er sich nochmal sehr agil. Er kam sogar auf uns zu, als wir nach ihm riefen ❤

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Aber uns war beiden klar, dass es jetzt nicht mehr lange dauert…

Diese wundervollen Erinnerungsfotos hat übrigens Francisca gemacht – sind sie nicht ebenso zauberhaft wie treffend in Anbetracht von Max‘ Situation auch?

Die letzten Fotos von ihm:

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Max. Wir waren uns nicht immer über alles einig 😉 Und ja – manchmal … als du solchen Terror machtest, weil du raus wolltest, wusste ich nicht, was ich noch denken sollte. Ich war mitunter verzweifelt, vor allem auch weil ich sah, wie sehr du dir etwas wünschst, was ich dir nicht geben kann.

Aber dein Wunsch war mein Antrieb, es zu schaffen, ihn dir zu ermöglichen. Allein hätte ich es allerdings nicht geschafft. Du hast mich jedoch sehr eindringlich an etwas erinnert, was uns Menschen manchmal in Vergessenheit gerät:

Vielleicht ist „die Welt“ manchmal ein Arschloch – wenn zB. geliebte Wesen unausweichlich dem Tod geweiht sind. Doch erleben zu dürfen, wie sogar Menschen, die ich zuvor nicht kannte und sogar solche, die ich noch immer nie persönlich traf, die nicht erklärte „Tierschützer“ sind, einfach „nur“ Nachbarn und Freunde alles tun, um den Traum eines Tiers – meines Katers Max – zu erfüllen, weiss ich wieder: Wir können es, wenn wir alle nur wollen. Wir können fast alles schaffen, wenn wir zusammenarbeiten.

Diese Erinnerung ist Max‘ Erbe: Seid liebevoll, seid nachsichtig, helft, wann immer Ihr könnt – und die Welt wird ein besserer Ort. Nicht plötzlich, nicht für alle, aber Stück für Stück und irgendwann für alle. Max lehrte mich, daran wieder zu glauben ❤️

Max – ich liebe dich unendlich. Max ist nicht fort – nur woanders. Aber er fehlt ❤ Sein Erbe aber wird mir heilig sein. Run free, mein Schatz ❤

Meinen herzlichsten Dank auch an Francisca und Michi, Marina, ihren Nachbarn und die Tierärztin, die alles in ihrem vollen Terminkalender rumgeschoben hat, um Max einen würdevollen Abschied zu ermöglichen – ihr seid alle einfach wundervoll, danke!

Max ist „angekommen“, Freiheit, Freiheit über alles <3

Seit einer Woche wohnt mein Kater Max nun bei einer lieben Freundin, wo er nochmals seine kätzisch gewünschte Freiheit geniessen darf. Wir hatten grosse Bedenken. Ha! 😛

Vor genau 8 Tagen zog „mein“ Mad Max zu einer lieben Freundin in immerhin ländliche Gebiete – raus aus der Stadt, wo es ihm im Wortsinne „gestunken“ hat.

Nachdem sein Umzug gemeistert war, mussten wir nun noch unsere Freigang-Loslass-Pläne irgendwie öhm „definieren“. Heiderdaus. Kurz: Wir machten das nach Verhaltensforschungserkenntnissen spezifisch auf den „Probanden“ innerhalb der letzten Woche abgestimmt sowie nach Erfahrungswerten von früher. Naja und plus viel Herzblut und reichlich Handgelenk mal Pi. Aber schon wissenschaftlich total fundiert – also: Macht das nicht einfach zu Hause nach! 😛

Max sollte auf meinen definitiv total indiskutablen Wunsch hin ein GPS umgebunden bekommen. Ich entschied mich persönlich nach Prüfung aller Dafür-und-Wider für Petpointer.

Kann man an Katze aber nur anbringen, wenn man ihr auch ein Halsband umschnallt – was ja wegen diverser empirisch leider belegter schwerer Verletzungs- und gar Todesfälle auch kein Entscheid ist, den man mal so leichtfertig trifft. Da ich aber auf GPS und somit auf Halsband bestand, kaufte ich ihm das neuste von Atomraketen- und Mondfahrtsingenieuren (oder so) designte Teil: bekommt man bei Cat-Life.

So. Ich war damit startklar. Naja – plusminus. Also so im Modus: „Scheisse, ich muss mein geliebtes  Kackfutzschreikatergetier da einfach rauslassen in die Wildnis. Ahhhhhhhhhhhhh. Ich werde jetzt einfach mal kurz wahnsinnig vor Sorge um ihn.“ Etwa so. Also ziemlich cool.

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Nach Lehrbuch sollte man eine Katze im neuen Zuhause ja 4-6 Wochen im Haus behalten, bevor man sie in den Freigang entlässt. Ich habe von sowas keine Ahnung und verstehe das Prinzip auch jetzt nicht ganz: Die Katze hat ja auch nach 6 Wochen im neuen Daheim keinen Schimmer, wie sie dann wieder zurückfindet, wenn man sie mal rauslässt?

Aber es gibt ja den schönen Spruch: „Alle sagten: das geht nicht. Einer wusste das nicht, und hats einfach gemacht.“

So ungefähr nach dem Prinzip haben Max‘ neues Dosi und ich uns darauf geeinigt, Max eine Woche in der Wohnung zu behalten, damit er mal runterkommen und immerhin schon aus dem Fenster mit krass spannender Aussicht gucken kann. Ab dem ersten Tag im neuen Daheim jedoch gingen wir auch an der Leine mehrmals täglich mit ihm raus, damit er seine neue Umgebung und verschiedene mögliche Heimwege kennenlernen kann.

Manche Leute sagen nun – manchmal auch laut und nicht so nett, Leinengang mit Katzen sei „nicht artgerecht“.

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Ich lasse das kontemplativ auf mich wirken und sage dann: Ich tu es lieber „nicht artgerecht“, aber halt lieber so, dass meine schutzbefohlene Katze die grösstmögliche Überlebenschance hat, als dass meine geliebte Katze „artgerecht“ in ihrer Unerfahrenheit sich verirrt und/oder überfahren wird. Ja, ich weiss. Krasse Haltung.

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Wie auch immer: Als wir unter grosser Aufregung unsererseits und grosser Gelassenheit Maxensseits erstmals die Terrassentür in seine Freiheit öffneten….. sass Max innerhalb der Wohnung davor – wir zwei Menschen mit grossen Augen und wie wir meinten ermutigenden Blicken, Max seinerseits doch sehr cool: „Ich kann da jetzt rauslaufen? Einfach so?“

Wir zwei Menschen nickten ergebenst: „Ja, ja, eure Hoheit – sie geruhen zu schreiten.“
Max: „Und was, wenn ich gerade nicht zu schreiten geruhe?“
Zwei irritierte Menschen schauen einander an: „Nun. Öhm. Vielleicht geruhen Sie später?“
Max: „Ja, könnte sein. Nun möchte ich mich aber lieber in meine Gemächer zurückziehen und über alles nachdenken.“ Und so schritt er würdevoll davon und hüpfte auf „sein“ neues Sesselchen.
Mensch 1 und 2 gehen zurück in aufrechte Haltung: „Gömmer eis go rauche?“

Rund eine Stunde später geruhte Max dann doch tatsächlich mal die ersten Schritte in seine neue Freiheit zu tätigen:
freedom-first-moment-maxEr machte dann eine kleine Minirunde über die Terrasse, roch, sah und siegte:


Nach kurzer Zeit fand er es aber doch wieder gemütlicher Zuhause und kam einfach so wieder heim:
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Und ganz nicht-artgerecht hat Max nach nur einer Woche so längst begriffen, wo er nun wohnt – und geht auf all seinen Wanderungen immer wieder zwischendurch zurück zur „Basisstation“ ❤

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Max‘ Wanderungen in seiner ersten freien Nacht ❤ Die Strassen- bzw. Wegnamen sind geschwärzt, weil dies ein öffentlicher Beitrag ist und ich die Privatsphäre meiner Freundin schützen möchte.

Und dank GPS sehe ich stündlich, wo er ist – auch wenn meine Freundin vor Ort ihn nicht sieht. Wir können uns dann kurzschliessen und einander gerade jetzt in den ersten Tagen beruhigen – genauso macht sie es auch, wenn Max in einem Funkloch in ihrer Wohnung ist und ich ihn nicht sehen kann, sie aber schon – so haben wir die MAXimale Sichtungsabdeckung, dass er nicht alleine irgendwo hilflos verreckt (gerade als Krebspatient im Endstadium) ❤

Ich finde, wir haben eine tolle Lösung so: Max ist happy, meine Freundin mit ihm ist happy, ich bin happy – Win:win:win – wie oft hat man das schon? 😉

Ich kann und will nicht die Aussage treffen, dass dieses Vorgehen für alle Katzen oder Katzenhalter passt. Aber es passt für Max und jene, die die Verantwortung für ihn übernommen haben. Ich würde es mit anderen meiner Katzen anders bzw. überhaupt nicht machen, sie in den Freigang ziehen zu lassen, weil es für sie so nicht gut käme. Aber für Max und uns stimmt es so.

Darum meine Bitte: Es gibt nicht DEN EINEN RICHTIGEN Weg. Für nichts. Gebt Tipps, teilt eure Erfahrungen, wenn ihr meint, sie könnten jemandem nützlich sein.

Aber macht aus euren Erkenntnissen keine Religion: Manche mögen aus eurem Wissen etwas für sich mitnehmen können, andere werden euch für unkonventionelles Verhalten verurteilen – das einzig wichtige „Urteil“ am Ende ist jenes eurer Schutzbefohlenen, für die es so funktioniert hat – oder auch nicht.

Für Mäxeken hat unser Stand-up-Konzept funktioniert: Wenn meine Freundin ihn aus den Augen verliert, gehe ich ins GPS-Dashboard und schaue, wo er ist. Ich sehe auch Wege von ihm, von denen ich wünschte, er würde sie nicht gehen – aber er geht sie sowieso, ob ich sie sehe oder nicht. Und wenn etwas wäre, wüsste ich, wo ich nach ihm suchen muss.

Vor allem aber sehe ich auch, dass er je länger je mehr als Stadtkatze endlich lernt, dass er nicht auf den Gehwegen den Strassen entlang laufen muss: Er verbrachte die letzten 24 Stunden praktisch in Feld, Wald, Wiesen – ❤

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Heraus aus schierer Hoffnungslosigkeit direkt ins pure Glück geschmissen, wollte ich euch einfach nur berichten, dass aus einer vermeintlich hoffnungslosen Situation doch noch viel herauszuholen ist – wenn man die richtigen Leute kennt, sich ganz doll anstrengt und das Glück auch noch ein wenig mitspielt ❤

Oder wie Yoda in Star Wars schon sagte: „Tu es. Oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen.“

Max – ich liebe dich!